Die rasante Entwicklung der Arbeitswelt im Zuge von Digitalisierung und vierter industrieller Revolution bringt auch für Führung und Leadership neue Herausforderungen. Von “Agiler Führung”, “Creative Leadership”, “Digital Leadership”, “Innovation Leadership” und anderen trendigen Führungsstilen ist die Rede. Während diese Konzepte alle einen wichtigen Teilaspekt beleuchten, ist ihnen häufig ein wenig tief gehendes psychologisches Verständnis der Menschen, um die es dabei geht, gemeinsam. Stärkenorientierte Führung hingegen trägt den Mitarbeitenden und ihrem Potenzial Rechnung und ermöglicht damit optimale Leistung und Entwicklung auch unter herausfordernden Bedingungen. Erfahren Sie in diesem Beitrag, wie das funktioniert und wie Sie selbst konkret stärkenorientiert führen können.
Stärkenorientierte Führung – wer hat dazu beigetragen?
Der Fokus auf Stärken in der Mitarbeitendenführung hat historisch gesehen drei wesentliche Quellen: Peter Drucker erkannte bereits in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts dessen entscheidende Rolle für den Führungserfolg: „Die Aufgabe von Führung ist es, Stärken so auszurichten, dass sie die Schwächen bedeutungslos machen”.
Der zweite wesentliche Beitrag zu einem stärkenbasiertes Führungsverständnis kommt seit den 80er Jahren von David Cooperrider mit der Organisationsentwicklungs-Methode „Appreciative Inquiry”: „Es ist für den Erfolg des Unternehmens wirksamer und gesünder, auf Stärken zu fokussieren und darauf, was funktioniert, als auf Schwächen und das, was nicht funktioniert”.
Der jüngste Zweig schliesslich, welcher das Konzept stärkenorientierter Führung zum Blühen bringt, ist die Positive Organisationspsychologie: „Wenn wir identifizieren wollen, was Erfolg und ausserordentliche Leistung bewirkt, wären wir gut beraten, dies in Fällen zu untersuchen, in welchen es schon passiert.” (Martin Seligman)
Wahrnehmung und Denken sind biologisch bedingt vor allem mit Negativem beschäftigt
Woran liegt es, dass sich Führung, Organisationsentwicklung und die menschliche Wahrnehmung generell entgegen dieser Erkenntnisse bis heute vornehmlich mit Negativem – Fehlern, Problemen, Soll-Abweichungen – beschäftigen? Grund dafür ist unsere körperliche “Ausstattung”, welche in ihren Grundzügen noch immer so funktioniert als wären wir Jäger und Sammler, die täglich mit lebensbedrohlichen Gefahren konfrontiert wären. Das Schlechte wirkt viel stärker als das Gute: Unsere Gedanken beschäftigen sich überwiegend mit Dingen, die störend sind. Dabei werden intensiv wirkende Substanzen im Körper ausgeschüttet, welche dazu führen, dass sich die Gedankenspirale um Bedrohung, Kampf oder Flucht dreht – mit dem Ziel, unser biologisches Überleben zu sichern.
Dieser Fokus ist heute in einzelnen Branchen oder Funktionen noch immer sinnvoll – denken wir an Bereiche wie Medizin, Katastrophenschutz oder Rechtswissenschaften, wo das Übersehen von Fehlern dramatische Folgen haben kann. Streben wir hingegen optimale Leistung und Entwicklung in innovationsgetriebenen, „agilen” Organisationen oder generell in einem Umfeld, welches Höchstleistung erfordert, an, muss der Beschäftigung mit negativen Phänomenen bewusst ein anderes Konzept entgegengehalten werden.
Die Philosophie hinter stärkenorientierter Führung
Ein erster Grundsatz stärkenorientierten Denkens liegt darin, sich darauf zu konzentrieren, wovon man mehr will. Wahrnehmungspsychologisch gesprochen wird das, worauf man die Aufmerksamkeit richtet, grösser. Beschäftigt man sich also mit Problemen – ihrer Ursache, Wirkungen usw. –, dann wird man zum „Problemexperten“. Richten wir aber die Aufmerksamkeit darauf, was gut funktioniert und fragen uns, welches die wirksamen Faktoren dafür sind, kommen wir Stärken auf die Spur.
Eine zweite Strategie stärkenorientierter Führung besteht darin, bereits identifizierte Stärken weiter zu entwickeln und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass störende Schwächen weniger ins Gewicht fallen. Weiterentwicklung bedeutet, mit Stärken zu experimentieren, zu beobachten was geschieht und entsprechend zu justieren.
Wichtig für eine stärkenorientierter Philosophie ist es weiter zu akzeptieren, was ist – authentisch zu sein. Tal Ben-Shahar spricht in diesem Zusammenhang von der „Erlaubnis, ein Mensch zu sein“ („permission to be human”), die wir uns und anderen geben sollen. Was heisst, Stärken und Schwächen zu haben. Auf die Dauer werden sich die Leistungen der Mitarbeitenden steigern, wenn Organisationen damit aufhören, zu tun worin sie nicht gut sind. Und damit beginnen, in denjenigen Bereichen ausserordentlich gut zu werden, die sie bereits beherrschen und für die sie eine Leidenschaft entwickeln können.
Weiter ist es für stärkenorientierte Führungskräfte wesentlich, dass sie sich für das Arbeitsklima in der Organisation verantwortlich fühlen und dieses wo immer möglich positiv beeinflussen. Negative Gefühle reduzieren die einem Menschen zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen – im Falle einer akuten Bedrohung auf die drei Strategien Flucht, Kampf und Totstellen –, während positive Gefühle zu verbesserter Zusammenarbeit, Produktivität und Kreativität führen. Ich habe in diesem Zusammenhang in einem früheren Artikel von Führungskräften als „Klima-Ingenieuren“ gesprochen. Dabei ist es wichtig, nicht unrealistisch oder naiv positiv zu sein, sondern tatsächlichen Gefahren und Problemen aktiv zu begegnen.
Schliesslich sind Timing und Präsenz wie bei jeder guten Führungsarbeit wichtig. Dies erfordert von der Führungskraft Achtsamkeit und eine gute Selbstwahrnehmung.
Was sind Stärken und Schwächen?
Worum geht es überhaupt, wenn wir von Stärken und Schwächen sprechen? Den verschiedenen aktuellen Definitionen von„Stärken“ liegen folgende zwei Grundmerkmale zugrunde:
- ausserordentliche Leistung
- mentale Energetisierung
Alex Linley vom „Center for Applied Positive Psychology“ (CAPP) in Coventry (UK) definiert eine Stärke als „eine von früher Kindheit an vorhandene Fähigkeit, sich in einer spezifischen Weise zu verhalten, zu denken oder zu fühlen, welche sich echt (authentisch) anfühlt, Energie freisetzt sowie optimales Funktionieren, Entwicklung und Leistung ermöglicht.“ Einfacher gesagt: Eine Stärke ist das, was jemand besonders gut kann, gerne tut und Sinn macht (Tal Ben-Shahar).
Stärken sind dabei nicht als fixe, genetisch bedingte Faktoren zu verstehen, obwohl genetische und frühkindlich erworbene Anteile („Talente“) ein wesentlicher Bestandteil davon sind. Das heutige Verständnis von Stärken ist ein viel Flexibleres: Gene können durch Umweltfaktoren „eingeschaltet“ oder „ausgeschaltet“ werden, und sind sie einmal aktiviert, können Verhalten und Denken wesentlich darüber bestimmen, ob und in welchem Masse daraus wirklich eine Stärke im Sinne einer überdurchschnittlich ausgeprägten, motivierenden Fähigkeit entwickelt werden kann.
Eine Schwäche ist auf der anderen Seite das, was jemanden daran hindert, erfolgreich zu sein – was nicht gut funktioniert und einen auslaugt.
“Business Case” für stärkenorientierte Führung
Stärkenorientierte Führung ist ein klarer, positiver Weg, um den persönlichen Beitrag und das Engagement von Mitarbeitenden zu verbessern. Er macht die komplexen und oft vernachlässigten Aufgaben der Führung deutlich einfacher und attraktiver.
Forschungsergebnisse I: Vorteile für die Organisation
- 98 % der Mitarbeitenden wünschen es sich, dass ihr Arbeitgeber ihre Stärken erkennt.
- Menschen, die ihre Stärken jeden Tag einsetzen können sind, sechsmal wahrscheinlicher engagiert an der Arbeit, das heisst sie erleben grössere Befriedigung und fühlen sich mehr “commited”.
- Gelingt es der Führung nicht, auf die individuellen Stärken der Mitarbeitenden zu fokussieren, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 9%, dass diese engagiert sind. Wird hingegen auf Stärken fokussiert, steigt das Engagement auf 73 %.
- Wird in Mitarbeitenden-Beurteilungsgesprächen der Schwerpunkt auf Schwächen gelegt, kann die Leistung um bis zu 26 % sinken. Sprechen die Führungskräfte hingegen über Stärken, steigt diese um 36% an.
- Mitarbeitende, die ihre Stärken anwenden können, sind kreativer.
- Die Zusammenarbeit wird durch verbesserte Kommunikation und Beziehungen produktiver.
Forschungsergebnisse II: Vorteile für die Mitarbeitenden
Mitarbeitende profitieren von der Fokussierung auf ihre Stärken auf vielfältige Weise. Sie
- sind fröhlicher;
- haben mehr Zuversicht;
- entwickeln ein besseres Selbstbewusstsein;
- haben mehr Energie und fühlen sich vitaler;
- sind weniger gestresst;
- erreichen mit grösserer Wahrscheinlichkeit ihre Ziele;
- sind engagierter bei der Arbeit und
- betreiben ihre Persönlichkeitsentwicklung effektiver.
Stärken bei sich selbst und anderen erkennen
Beobachtbare Merkmale von Stärken
Viele Menschen wissen nicht, was ihre Stärken sind und finden es schwierig, über diese zu sprechen. Stärken bei sich selbst und anderen überhaupt zu erkennen ist deshalb der erste Schritt hin zu einem stärkenorientierten Führungsstil. Diese Fähigkeit können alle Führungskräfte entwickeln, weil sich Stärken über die Körpersprache und Merkmale der Stimme in der Kommunikation zeigen. Achten Sie im Gespräch mit ihren Mitarbeitenden auf die nachfolgend beschriebenen Zeichen in deren Verhalten oder Redeweise. Beachten Sie diese Zeichen auch in Ihrem eigenen Verhalten, um sich Ihrer Stärken selbst noch mehr bewusst zu werden, denn Selbst-Wahrnehmung ist eine wesentliche Fähigkeit von Führungskräften um zu verstehen, wie sie selbst „funktionieren“ und wie ihre Einstellungen und Handlungen andere beeinflussen.
Motivation: Mitarbeitende sind bereit, freiwillig ihren Teil zum Gelingen beizutragen. Sie zeigen Enthusiasmus, und es ist ein spezielles “Vorwärts-Momentum” hin zu den Aufgaben spürbar, über welche sie sprechen oder die sie beschreiben. Sie würden ihren Beitrag einfach darum leisten, weil sie es gerne tun.
Authentizität: Die Kommunikation beim Reden über Stärken wirkt ehrlich, die wirklichen Glaubenssätze und Werte reflektierend. Wir spüren die „reale Person“ durch eine Tonlage, welche Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlt.
Aufmerksamkeit: Beim Sprechen über Stärken sind Mitarbeitende ganz fokussiert und unempfänglich für mögliche Störungen.
Energie: Tatkraft und Enthusiasmus sind in der Interaktion spürbar, die Körpersprache ist lebendig und „hellt sich auf“ während dem Menschen über Stärken sprechen.
Schnelles Lernen: Besonders rasche Lernfortschritte sind festzustellen. Aktivitäten scheinen verglichen mit anderen Menschen leicht von der Hand zu gehen.
Sprache: Beim Sprechen über Stärken fällt eine bildhafte Sprache auf. Oft werden Redewendungen wie „Ich liebe es …“ oder „es ist einfach grossartig wenn …“ verwendet.
Körpersprache: Die Körpersprache drückt Zuversicht aus. Die Sitzhaltung ist aufrecht oder dem Gesprächspartner zugewandt, und es wird Augenkontakt hergestellt.
Stimme: Ton und Rhythmus der Stimme werden beim Sprechen über Stärken variieren. Vielleicht wechselt die Lautstärke von leise zu laut, und die Geschwindigkeit nimmt zu, wenn das Gespräch zunehmend lebhafter wird.
Kindheitserinnerungen: Oft werden beim Sprechen über Stärken Kindheitserinnerungen wach, weil diese ihren Ursprung in unseren ersten Lebensjahren haben.
To-do Liste: Ein häufiges Zeichen einer Stärke ist es, dass sie nie auf einer To-do-Liste erscheint. Der innere Antrieb, sie auszuleben, macht das überflüssig.
Tools zur Selbsteinschätzung von Stärken
Verschiedene Organisationen stellen über das Internet zugängliche Selbsteinschätzungen von Stärken zur Verfügung, zum Beispiel das „Values in Action Inventory of Strengths“ (VIA-IS), welches von der Universität Zürich kostenlos in einer deutschen Version zur Verfügung gestellt wird. Oder der „StrengthsFinder“ der amerikanischen Unternehmensberatung Gallup. Ich arbeite jeweils mit dem „Strengths Profile“ des CAPP, weil es als einziges Verfahren auch über noch nicht oder selten angewendete Stärken, Schwächen und so genanntes „Angelerntes Verhalten“ Auskunft gibt. Mit letzterem sind Denk- und Handlungsweisen gemeint, bei welchen eine Person zwar gute Leistungen erbringt, aber auf Kosten zu grossen Energieeinsatzes, was die Gefahr von Stress und Burnout erzeugt.
Stärkenorientierte Führung in 10 Schritten
Die Anwendung von Stärken in der bilateralen und Teamführung kann mit folgenden zehn Schritten angegangen werden.
- Stärken identifizieren: Finden Sie Wege, herauszufinden, wann Ihr Team am meisten Energie produziert und am engagiertesten an der Arbeit ist. Was tun Sie in diesem Moment? Woran müssen Sie die Teammitglieder nie erinnern? Achten Sie auf die nonverbalen Merkmale, welche im oberen Abschnitt beschrieben wurden.
- Feedback zu Stärken: Wenn Sie realisieren, dass einer ihrer Mitarbeitenden eine Stärke anwendet – sagen Sie es ihm oder ihr. Erklären Sie die Wirkung auf das Team und die weitere Umgebung möglichst zeitnah.
- Formen Sie ein „High Performance“-Team: Hat eines ihrer Teammitglieder bekannte Schwächen, die kritisch für seine Aufgabe sind? Diskutieren Sie den Einfluss, welche diese auf die gemeinsame Zielerreichung haben. Welche Stärken im Team könnten helfen, die Schwächen zu kompensieren? Ermutigen Sie die Teammitglieder in dieser Weise zu arbeiten.
- Integration neuer Teammitglieder: Thematisieren Sie jedes Mal, wenn jemand neu zum Team dazu stösst, im bilateralen Gespräch die Stärken und wie diese genutzt werden könnten, um die Rolle mit optimaler Leistung auszufüllen.
- Teamsitzungen sind eine grossartige Gelegenheit, die Teamdynamik zu verstehen und die optimale Nutzung der kollektiven Stärken zu diskutieren. Zum Beispiel können Sie das Meeting damit beginnen, jede Person nach einer kurzen Geschichte zu fragen, wie sie in der vergangenen Woche eine Stärke angewendet hat und welche Auswirkungen das zeigte.
- Teamanlässe: Gehen Sie mit Ihrem Team raus aus der gewohnten Umgebung für einen Team-Tag oder einen Workshop. Nutzen Sie die Zeit zusammen um die individuellen und kollektiven Stärken im Team besser zu verstehen. Verbinden Sie diese mit den aktuellen Zielen.
- Ziele setzen: Denken sie beim Vereinbaren von Zielen an die Stärken, welche ihre Teammitglieder haben und die sie am besten geeignet machen für spezifische Aufgaben. Stellen Sie sicher, dass sie ihren eigenen Beitrag im grösseren Zusammenhang der Erreichung von Team- und Unternehmenszielen verstehen können.
- Beurteilungsgespräche: Halten Sie das ganze Jahr über mit Notizen Beispiele fest, wann ihre Teammitglieder besonders gute Leistungen erbracht haben sowie das Feedback, das ihnen dritte Personen darüber gegeben haben. Lassen Sie diese Beobachtungen regelmässig in bilaterale Gespräche einfliessen, anstatt sie für das jährliche Mitarbeitergespräch zu speichern. Nutzen Sie dieses dafür, ihren Mitarbeitenden bewusst zu machen, welche Wirkung sie im vergangenen Jahr hatten und wie Stärken Ihnen zum Erfolg verholfen haben.
- Regelmässige bilaterale Gespräche: Thematisieren Sie in bilateralen Gesprächen, wie häufig ihre Mitarbeitenden Stärken einsetzen und was sie daran hindert, es nicht öfter zu tun. Wie können sie auch Stärken nutzen, welche bis jetzt nicht zum Zug gekommen sind? Wie können ihnen Stärken helfen, Schwierigkeiten und Herausforderungen zu bewältigen, die sie auf sich zukommen sehen?
- Aufgaben delegieren: Delegation bietet Ihrem Team die Möglichkeit, brachliegende Stärken zu entdecken und zu nutzen oder bereits zur Anwendung kommenden Stärken weiter zu entwickeln. Identifizieren Sie Aufgaben, welche besser von jemand anderem, welcher passendere Stärken, Erfahrungen oder Wissen in einem bestimmten Bereich hat, erfüllt werden können.
10 Tipps, die Schwächen Ihrer Mitarbeitenden zu managen
Jeder Mensch hat Schwächen, auch Sie und Ihre Mitarbeitenden. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass auch erhebliche Anstrengungen nicht dazu führen werden, die Leistung in diesen Aspekten deutlich zu steigern. Folgende Tipps können Ihnen helfen, die individuellen Schwächen der Mitglieder Ihres Teams weniger zu gebrauchen und damit bestenfalls irrelevant zu machen.
- Einige Schwächen sind vielleicht schlicht nicht relevant für die Rolle einer Person. Fokussieren Sie sich auf solche, die kritisch sind, weil sie die Leistung Ihrer Mitarbeitenden unterminieren und schenken Sie anderen Schwächen keine Aufmerksamkeit.
- Fördern Sie eine Kultur der Ehrlichkeit, was Schwächen angeht. Versichern Sie Ihren Mitarbeitenden, dass niemand gut ist in allen Dingen, und dass gute Leistung aus der Anwendung von Stärken entsteht.
- Führen Sie einen Workshop durch, um die Stärken Ihres Teams hervorzuheben. Ermöglichen Sie damit eine sichere Umgebung für Ihre Mitarbeitenden, in der sie einander auch Schwächen mitzuteilen und um gegenseitige Hilfe im Umgang damit ersuchen können.
- Teilen Sie Ihre eigenen Schwächen mit dem Team und bitten Sie Ihre Mitarbeitenden um Unterstützung. Dies wird zu offeneren Beziehungen führen und ihrem Team die Möglichkeit eröffnen, noch wenig eingesetzte Stärken zu entdecken und zu nutzen.
- Überlegen Sie sich, wie Sie die Rollen im Team umorganisieren könnten, so dass die Mitarbeitenden es grundsätzlich vermeiden können, von ihren Schwächen behindert zu werden.
- Autorisieren Sie Ihr Team, Aufgaben selbständig an eine Kollegin oder einen Kollegen zu delegieren, welcher eine Stärke dafür verwenden kann, wenn eine Schwäche sich kritisch auswirkt. Dies funktioniert am besten, wenn alle Teammitglieder so vorgehen, damit nicht eine einzelne Person überlastet wird.
- Überlegen Sie sich, welche Stärken ein bestimmtes Teammitglied hat, die ihm helfen würden, kritische Schwächen zu kompensieren.
- Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden dabei, sich auf das gewünschte Ergebnis einer Aufgabe zu konzentrieren, nicht auf einen bereits im Voraus festgelegten Prozess. Vielleicht können mit einem anderen Vorgehen Stärken aktiviert werden, anstatt dass Schwächen ein gutes Resultat verhindern.
- Versuchen Sie, möglichst genau zu verstehen, wie sich eine Schwäche bei einer Person konkret manifestiert. Vielleicht zeigt sie sich nur in einem spezifischen Kontext. Zum Beispiel könnte es sein, dass jemand gerne ein Konzept schreibt, nicht aber das Protokoll einer Sitzung.
- Sollte es unumgänglich sein, dass einer oder eine Ihrer Mitarbeitenden Aufgaben erledigen muss, bei welchen Schwächen hinderlich sind, fokussieren Sie auf eine genügende Leistung. Denken Sie daran, dass dafür viel Energie aufgewendet werden muss, und dass daraus nie eine Stärke werden wird. Aus Schwächen Stärken zu machen ist ein Ding der Unmöglichkeit, weil der vererbte beziehungsweise frühkindlich erworbene „Talent-Anteil“ fehlt.
Zusammenfassung
- Eine Stärke ist das, was eine Person gut kann und ihr Energie gibt.
- Sie erkennen Stärken an der Körpersprache und dem Ton der Stimme, wenn jemand davon spricht.
- Mit über das Internet zugänglichen wissenschaftlich validierten Tools können Stärken und Schwächen für Individuen und Teams selbst eingeschätzt werden.
- Machen Sie Stärken täglich in Gesprächen, Team-Meetings und beim Delegieren von Aufgaben zum Thema.
- Geben Sie Ihrem Team die Möglichkeit, individuelle Stärken und Schwächen gegenseitig auszutauschen.
- Befähigen Sie Ihre Mitarbeitenden in komplementären Partnerschaften zu arbeiten, in welchen sich Stärken ergänzen und die Notwendigkeit, mit Schwächen arbeiten zu müssen, reduziert wird.
- Geben Sie Feedback möglichst zeitnah – nicht in jährlichen Mitarbeitergesprächen.
- Fördern Sie den Einsatz und die Weiterentwicklung von Stärken, indem Sie Ihre Beobachtungen und die Wirkungen des spezifischen Verhaltens beschreiben.
- Vermischen Sie positives nicht mit negativem Feedback. Geben Sie beides separat.
- Schauen Sie in periodischen Mitarbeitergesprächen auf die Erfolge der vergangenen Periode und erforschen Sie die Stärken, welche diese ermöglicht haben.
- Sorgen Sie für herausfordernde Ziele, welche den Einsatz und die Weiterentwicklung von Stärken ermöglichen.
- Thematisieren Sie ungenügende Leistung und suchen Sie Wege, die negative Wirkung von Schwächen zu minimieren.
- Delegieren Sie Aufgaben auf der Basis von Stärken.
Referenzen
Ben-Shahar, T. (2007) Glücklicher. Lebensfreude, Vergnügen und Sinn finden. München: Riemann.
Center for Applied Positive Psychology (CAPP) (2017): Strengths Profile Manager Toolkit. www.strengthsprofile.com
Drucker, Peter (2002) Was ist Management. Das Beste aus 50 Jahren. Berlin: Econ.
Hippe Brun, Pernille; Cooperrider, David; Ejsing, Mikkel (2016) Strength-based Leadership Handbook. Brunswick, Ohio: Crown Custom Publishing.
MacKie, Doug (2016) Strength-based leadership coaching in organizations: an evidence-based guide to positive leadership developoment. London: Kogan Page.
Seligman, M. (2011) Flourish. Wie Menschen aufblühen. München: Kösel.